Das IFZ

Gründung: 2011
Ort: Düsseldorf

Mit seinen Forschungsprojekten entwickelt das Institut für Zeitgenossenschaft (IFZ) dringliche Ansätze zur Entfaltung von Zeitgenossenschaft als Fragestellungen besonderer Ordnung: Wie lassen sich philosophische, ökonomische oder soziale Phänomene der Gegenwart in ihren medialen, kommunikativen oder technischen Rahmungen erforschen, wenn punktuelle Erscheinungen im ‘Jetzt’ sich beständig der Beobachtung entziehen und zumeist nur rückblickend (oder gar nicht) beschrieben werden können. Hierfür – so eine zentrale Prämisse der vom IFZ programmatisch ausgerufenen ‘Neuen Düsseldorfer Dringlichkeit’ – müssen auch institutionelle, bürokratische und methodische Grenzen der Wissenschaft überschritten werden, um in anderen Systemen der Gesellschaft hinterfragt und synthetisiert zu werden.

Mittels einer programmatischen Neuformulierung von Wahrnehmung verhandelt das IFZ dabei zwischen Bürokratie und Realität. Eines der formulierten Hauptziele ist die Entdeckung und Erforschung des Gegenteils von Verwaltung.

Durch einen system turn – im Sinne eines sich fortwährend aktualisierenden ReBoots – wird das, was als wissenschaftlich ‘zeitgenössisch’ verstanden werden kann, in anderen diskursiven oder ästhetischen, literarischen oder musikalischen, theoretischen und praktischen Feldern erörtert und systematisiert zurück in die Prozesse der Wissenschaft eingespeist. Dabei wird Hauptaugenmerk auf die Weiterentwicklung von Theorien gelegt, wie sie in der Wissenschaftsgeschichte (Bertram Likursi) (1) und in der ästhetischen Phänomenologie (Steven Geil) (2) ausgearbeitet wurden.

Grundlegendere Orientierung bieten Methoden, wie sie schon in den späten Sechziger Jahren im Anschluss und zugleich als reflexiver Gegenpol zur Frankfurter Schule, aber weniger prominent, der Kölner Anthropologe und Sozialwissenschaftler Max Schemmler entwickelte. (3) Die von ihm ab Mai 1968 bis März 1972 einberufenen ‘Düsseldorfer Konferenzen’ entwarfen mit dem aus ihnen hervorgehenden Düsseldorfer Index (4) programmatisch Strategien für zeitgenössische Forschungs- und Lebensformen eines wissenschaftlichen Administrationsdenkens. Die ‘Reflexive Synchronität’ (5), ein Verfahren bei welchem der Forscher durch beständiges, simultanes Reflektieren seiner Denk- und Wissenswerkzeuge extemplo seine Methodik wie auch die institutionelle Rahmung hinterfragen sollte, wurden in unzähligen Experimenten und Laborversuchen erprobt. Aufgrund fehlender finanzieller Mittel wurde im September 1972 das von Schemmler geleitete Institut für performative Wissenschaftsinstitutionalisierung (IPW) geschlossen.

Das IFZ ist ein Semiotischer Sturm der Windstärke Sieben. Das, was wir Fortschritt nennen, ist dieser Sturm.

Vorwärts zum Licht, rückwärts nach Frankfurt!

 

(1) Likursi, Bertram: Geschichte als Anhäufung von Gewesenem. Ariadne, Bielefeld 1968.
(2) Geil, Steven: Die Raute. Studien zu einer Philosophie geometrischer Formen. Detroit University Press, Detroit 1971.
(3) Schemmler, Max: Frankfurter Fehler – Reinstitutionalisierung bürokratischer Ordnungen nach 1968. Eichbach, Köln 1969.
(4) Schemmler, Max (Hg.): Düsseldorfer Index. Gesammelte Schriften der Düsseldorfer Konferenzen (1968-1972): Transkripte, Protokolle, Notizen. Bd. 1-11. Eichbach, Köln 1975.
(5) Schemmler, Max: Soziologie im Labor. Einführung in die Methodik zeitgenössischen Denkens. Eichbach, Köln 1968.